eParticipation für Kinder und Jugendliche – Motivation aus Sicht der Forschung

10532701395_fae5e101e8_zHans-Dieter Zimmermann und Rosmarie Arnold

Die Autoren beschäftigen sich an der FHS St. Gallen in der Aus- und Weiterbildung wie auch in der Forschung und Dienstleistungsprojekten mit dem Thema eParticipation für Kinder und Jugendliche aus einer interdisziplinären Perspektive. Im folgenden Beitrag zeigen die Autoren die Motivation für das Thema aus Sicht der Forschung auf.  

Die eParticipation für Kinder und Jugendliche, wie sie z.B. in diesem Projekt in Grabs umgesetzt werden soll oder im Projekt Scoop-it 2.0 bearbeitet wird, fokussiert auf die Nutzung der Mittel der Informations- und Kommunikationstechnologie, insbesondere neue bzw. soziale Medien, im Rahmen der gesellschaftlichen Partizipation von Kindern. Die eParticipation für diese Altersgruppe ist bis dato nicht systematisch untersucht und aufbereitet worden, es finden lediglich weitgehend isolierte Aktivitäten statt.

Das übergeordnete Thema der offenen gesellschaftlichen Innovation wurde erst jüngst mit wissenschaftlichen Ansätzen untersucht (z.B. (Chesbrough & Minin, 2014; Herzberg, 2012; Lucke et al., 2012)). Die Themenstellung ist deswegen als hoch innovativ einzuordnen.

Die einzelnen Bausteine sind demgegenüber durchaus gut erforscht und dokumentiert. So geht die Forschung zur politischen Partizipation bereits auf die 60er Jahre zurück (vgl. z.B. (Arnstein, 1969)). Die politische Partizipation von Kindern und Jugendlichen ist ebenfalls gut dokumentiert (z.B. (Fatke & Niklowitz, 2013; Wittwer, 2014)). Die Wirtschaftsinformatik beschäftigt sich ebenfalls mit der Rolle der IKT in diesem Kontext (z.B. (Buhl, 2011)). Der Themenkreis Kinder/ Jugend und Partizipation wird in der Sozialpädagogik spätestens seit den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts in der Öffentlichkeit – auch kontrovers – thematisiert und hat durch den sozialen Wandel neue Herausforderungen im Zusammenhang mit den neuen sozialen Medien erhalten (z.B. (Leistert & Röhle, 2011)). Dies geht einher mit der zunehmenden Besorgnis über das abnehmende Interesse der Jugendlichen an der Mitwirkung an politischen Fragen (z.B.(Oser & Biedermann, 2003)). Die aktuelle Studie “Von der Stimme zur Wirkung“ zur Partizipation von Kindern und Jugendlichen in der Schweiz, deren Ergebnisse vollumfänglich Anfang 2015 publiziert werden sollen, kommt zum Schluss: „…und auf Gemeindeebene ist die Partizipation immer noch gering“ (Rieker, 2014) (vgl. dazu auch Zimmermann, 2014).

Das Konzept der offenen Innovation ist in der Wirtschaft seit längerem bekannt, wird erfolgreich angewendet und ist intensiv beforscht. Die Anwendung der Konzepte offener Innovation im gesellschaftlichen bzw. im sozialen Kontext ist dagegen bisher kaum systematisch untersucht worden. Man spricht hier entsprechend von ‚offener gesellschaftlicher Innovation‘ (Lucke et al., 2012) bzw. von ‚offener sozialer Innovation‘ (Chesbrough & Minin, 2014).

Die Partizipation ist ein zentrales Element offener gesellschaftlicher Innovation; sie bindet Bürger und Bürgerinnen in Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse von Politik und Verwaltung bzw. des Gemeinwesens ganz allgemein ein. Bürger und Bürgerinnen haben so die Möglichkeit zur Lösung gesellschaftlicher und sozialer Herausforderungen des Gemeinwesens beizutragen. Die Bedürfnisse von Gemeinwesen nach einer stärkeren Einbindung von Bürgern und Bürgerinnen allgemein und Kindern und Jugendlichen im speziellen stellen eine allgemeine Entwicklung dar. Die Stärkung der Partizipation, insbesondere von informellen Partizipationsverfahren, ist aktuell ein zentrales Thema auch in der Schweiz, wie auch im Bericht der Bundeskanzlei an den Bundesrat zum Ausdruck kommt (Schweizer Bundeskanzlei, 2011).

Insbesondere die Einbindung von Kindern und Jugendlichen in gesellschaftliche und soziale Prozesse ist gegenwärtig ein zentrales Anliegen. Dies zeigt sich u.a. in den Programmen des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) im Rahmen der „Finanzhilfen Kinder- und Jugendförderungsgesetz KJFG“, bei denen das Thema Partizipation im Mittelpunkt steht. Die Relevanz des Themas zeigte u.a. auch die Diskussion rund um die Analyse des Abstimmungsverhaltens Jugendlicher im Februar 2014 (vgl. z.B. (Bühler, 2014)).

Im Rahmen der offenen gesellschaftlichen bzw. sozialen Innovation werden dabei heute zunehmend die Möglichkeiten des Einsatzes der Mittel der Informations- und Kommunikationstechnik, hier insbesondere die sog. „neuen Medien“ bzw. „sozialen Medien“ geprüft. Man spricht in diesem Zusammenhang von der eParticipation. eParticipation verknüpft die Methoden der Partizipation mit IKT gestützten Instrumenten. In ihrem Bericht widmet die Bundeskanzlei dem Thema „E-Demokratie und E-Partizipation“ ebenfalls grosse Aufmerksamkeit (Schweizer Bundeskanzlei, 2011).
Insbesondere Kinder und Jugendliche, die sog. Digital Natives, nutzen diese Medien heute selbstverständlich in ihrem Alltag in Schule, Ausbildung und Freizeit, wie zahlreiche Studien und Untersuchungen zeigen und thematisieren. (vgl. z.B. (Wampfler, 2014)). In der aktuellen Studie von Golder et al. wird hierzu unter der Überschrift „Reformimpuls 1“ explizit festgehalten: „… Um das politische Interesse bei Jungen zu stärken, müssen allerdings elektronische und soziale Medien verstärkt berücksichtigt werden.“ (Golder et al., 2014, 6).

Kinder- und Jugendmitwirkung auf Gemeindeebene wird in vielen Gemeinden von verschiedenen Kantonen formuliert und praktiziert. Diese Mitwirkung nutzt aber bisher eher traditionelle Methoden. Instrumente, welche Mittel der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) einsetzen, werden bisher nicht oder nur vereinzelt und zufällig eingesetzt.

Bildquelle: undpeuropeandcis on flickr.com (CC BY-NC-SA 2.0)

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